Professorin trotz zahlreicher Hürden

Interview mit Prof. Dr. Malgorzata Michling

Interview mit Professorin M. Michling

Empowerment für Frauen im akademischen Bereich

Prof. Dr. Malgorzata Michling ist einen außergewöhnlichen Weg zur Professur gegangen. 

  • Wie sie trotz über 100 Absagen eine Betreuung für ihre Promotion fand.
  • Wie sie es geschafft hat, neben einer Vollzeitstelle zu promovieren.
  • Warum es auch mit über 40 nicht zu spät ist für große Ziele.
  • Welche Rolle Frauen-Support und starke Netzwerke dabei spielen.

Ein klarer Wille von Anfang an

Malgorzata „Gosia“ Michling wusste schon früh, dass sie studieren wollte. Aufgewachsen in einem kleinen Ort in Polen in einem Plattenbau, war ihr schnell klar: Dort wollte sie nicht bleiben. Bildung war für sie der Schlüssel, um weiterzukommen. Dass sie einmal Professorin werden würde, hätte sie sich trotzdem nicht träumen lassen. Denn ihr Weg war alles andere als gradlinig.

Der steinige Weg ins Studium

Nach einer Ausbildung und dem Abitur in Polen zog sie in den 90ern nach Deutschland, um hier zu studieren. Doch der Start war nicht einfach: Bevor sie überhaupt ein Studium beginnen konnte, musste sie erst die deutsche Sprache lernen. Ein Jahr Vorbereitung, eine mehrstündige Prüfung – und dann der Sprung an die Uni. Sozialwissenschaften statt Sozialarbeit, denn für ihr Wunschfach bekam sie keinen Platz. Also startete sie mit Soziologie und Arbeitspsychologie, arbeitete danach in verschiedenen Bereichen der Sozialen Arbeit – von Schulsozialarbeit bis Wohnungslosenhilfe. Eine Promotion? Damals kein Thema. Sie war praktisch tätig, half anderen Menschen und war mitten im Berufsleben.

Über 100 Absagen – und trotzdem weitergemacht

Doch mit Anfang 40 stellte sie sich die Frage: War das schon alles? Sie wollte tiefer in die Materie eintauchen, wissenschaftlich arbeiten und den Bereich der Sozialen Arbeit mitgestalten. Ihr Forschungsthema: die Professionalisierung der Fachkräfte in der Wohnungslosenhilfe. Ein wichtiges, aber wenig beachtetes Thema. Und genau das wurde zum Problem. Über 100 Anfragen schickte sie an potenzielle Betreuer:innen. Die meisten lehnten ab. Manche antworteten gar nicht. Ein Thema, das nicht „im Trend“ war, eine berufstätige Promotionsinteressierte in einem Alter, in dem viele bereits ihre akademische Karriere gefestigt haben – keine einfache Kombination.

Die Wende: Endlich eine Chance

Aber Gosia gab nicht auf. Sie besuchte Workshops, verbesserte ihr Exposé, suchte weiter. Und dann, nach über 100 Absagen, fand sie endlich jemanden, der ihr Potenzial sah und ihre Promotion betreute. Damit war eine Hürde genommen – aber längst nicht die letzte. Sie promovierte extern, neben einem Vollzeitjob. Das bedeutete, nach der Arbeit noch stundenlang an der Dissertation zu sitzen, an Wochenenden zu forschen und Urlaub für wissenschaftliche Aufenthalte zu nutzen. 2019 ging sie sogar für mehrere Monate nach Australien, um dort weiter an ihrer Dissertation zu arbeiten – auf eigene Kosten, ohne Stipendium oder finanzielle Unterstützung.

Durchhalten und an sich glauben

Wie hält man so einen Marathon durch? Gosia sagt: mit einer klaren Vision und einem starken Durchhaltevermögen. „Bei sich bleiben“ ist ihr wichtigster Rat. Sich nicht entmutigen lassen, auch wenn Rückschläge kommen. Und: sich vernetzen. Gerade Frauen in der Wissenschaft sollten sich gegenseitig stärken, meint sie. Denn der Weg ist oft härter für sie, besonders wenn sie keine klassische akademische Laufbahn haben.

Vom Doktortitel zur Professur

Im Januar 2024 verteidigte sie ihre Dissertation, keine zwölf Monate später trat sie ihre Professur an einer Hochschule in Sachsen an. Plötzlich war sie nicht mehr diejenige, die um eine Chance kämpfen musste – sondern diejenige, die ihr Wissen weitergeben kann.

Ihr Fazit: Es ist nie zu spät

Ihr Fazit? Es ist nie zu spät für große Ziele. Es ist nicht entscheidend, wie viele Absagen du bekommst oder wie steinig dein Weg ist. Entscheidend ist, dass du dranbleibst. Und dass du dir selbst zutraust, dein Ziel zu erreichen – egal, wie viele Hürden es gibt.

Link zum Profil von Prof. Michling:

Malgorzata Michling bei LinkedIn

Die Produktiver Promovieren Challenge

4 Comments

  1. Kathrin

    Liebe Marlies,

    Dein Podcast-Beitrag hat mir sehr gut gefallen, weil ich überaus gut nachvollziehen konnte, wie schwer dieser Weg ohne Unterstützung sein kann. Ähnlich wie Gosia habe ich mich auch erst in späteren Jahren zu einer Promotion entschlossen und dabei sehr viele Fehler gemacht und so mein Ziel regelrecht aus den Augen verloren. Derzeit versuche ich mich neu zu orientieren, denn so ganz habe ich mit meinem Vorhaben noch nicht abgeschlossen, auch wenn ich schon 54 Jahre alt bin. Insofern fand ich Gosias Geschichte äußerst ermutigend. Herzlichen Dank für den kleinen Mutmacher!

    Reply
    • Marlies

      Liebe Kathrin,

      vielen Dank für deinen Kommentar, das freut mich sehr. Und ja, unbedingt dranbleiben, wenn du es ein Herzenswunsch von dir ist – die ältestes Coachinganfrage habe ich von einer Person bekommen, die über 70 war 🙂

      Ich leite deine Nachricht auch an Gosia weiter, die sich sicher auch freut!

      Liebe Grüße
      Marlies

      Reply
    • Dr. Malgorzata D. Michling

      Liebe Kathrin,

      vielen Dank für Deine ausführliche Rückmeldung! Sie hat mich sehr gefreut. Mach bitte weiter, auch wenn es manchmal nicht einfach ist, und denke dabei an folgendes:

      „Herausforderungen bringen dich dazu, Dinge über dich zu entdecken, die du nicht kanntest. Sie sind es, die dein Instrumentarium erweitern und dich dazu bringen, über die Norm hinauszugehen.“
      [Cicely Tyson]

      Du bist eine kraftvolle Frau, die mit jedem Schritt mehr Mut und Stärke entwickelt. Lass dich niemals von Zweifeln bremsen – deine Stimme zählt, und du hast die Macht, Veränderungen zu bewirken. Glaub an dich und an das, was du erreichen kannst.

      Ganz liebe Grüße,
      Gosia

      Reply
  2. Kathrin

    Liebe Gosia, liebe Marlies,

    lieben Dank für Eure Rückmeldungen und ermunternden Worte. Ich arbeite daran und bin gerade dabei mich “freizuschreiben”, um erst einmal “meine Stimme” wieder wahrzunehmen. Denn die war irgendwie vollkommen untergegangen in all’ den klugen Ratschlägen und Einschätzungen von Prof & Co. Und wenn sie wieder stark genug ist, starte ich erneut durch.

    Viele liebe Grüße an Euch zurück!
    Kathrin

    Reply

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Hallo, ich bin Dr. Marlies Klamt!

Jahrelang habe ich selbst nach einem Weg gesucht, glücklich und zufrieden zu promovieren. Ich musste meine eigene Dissertation sogar 2x schreiben, bis ich ihn gefunden habe. Im zweiten Anlauf war ich nicht nur nach 9 Monaten fertig, sondern hatte die beste Work-Life-Diss-Balance meiner gesamten Promotionszeit.

Heute unterstütze ich Doktorandinnen wie dich durch Coachings, Kurse und meinen Podcast "Glücklich promovieren". Ich glaube fest daran, dass alle Superkräfte, die du für eine glückliche Promotion brauchst, bereits in dir schlummern. Lass sie uns gemeinsam wecken!

Dr. Marlies Klamt