Aktualisiert am 10. September 2025

Krank am Arbeiten & promovieren?

Über Schuldgefühle, prioritäten und innere konflikte

Podcast GLÜCKLICH PROMOVIEREN: Episode #183

Podcast Dissertation
Krank und am Arbeiten und Promovieren?

Du  bist erkältet, aber denkst trotzdem darüber nach, zu arbeiten?

In dieser Episode erfährst du:

  • Warum es so schwer fällt, sich wirklich auszuruhen – und was das mit Verantwortung zu tun hat.
  • Wieso du auch mit leichter Erkältung nicht „funktionieren“ musst.
  • Wie du deine Gesundheit ernst nimmst, ohne dabei Schuldgefühle zu haben.
  • Und wie Krankheit deine Prioritäten oft unbewusst verschiebt – zulasten der Dissertation.

Krank sein und trotzdem arbeiten?

Warum dir Ausruhen oft schwerer fällt als Durchziehen – und was das mit Prioritäten zu tun hat

Du wachst morgens mit Halsschmerzen auf. Der Kopf ist schwer, die Nase dicht, und dein Körper will nur eines: einfach im warmen Bett zu bleiben. Und trotzdem: Im Geiste gehst du schon deine To-do-Liste durch. Welche Termine stehen heute an, welche Verpflichtungen sind dringend, welches Projekt willst du auf jeden Fall voranbringen?

Wahrscheinlich denkst du sowas wie:

„Wie schön wäre es, einfach liegen zu bleiben. Aber so schlecht geht es mir ja nicht. Und heute krank zu sein, passt einfach gar nicht in meinen Zeitplan.“

Erwischt?

Ich fühle mit dir. Vor Kurzem war ich selbst wieder in dieser Situation. Zum Glück bin ich selten krank, aber jetzt hatte mich zum zweiten Mal innerhalb eines Monats eine Erkältung erwischt. Und obwohl es eigentlich nichts gab, das dringend fertig werden musste, fiel mir das Nichtstun schwerer als das Durchziehen.

Doktorandin mit Wärmflasche im Bett

Der Reflex, Termine trotzdem wahrzunehmen

Am Vortrag hatte ich mich schon schlapp gefühlt, aber gehofft, dass es mir am nächsten Tag wieder bessergehen würde. Denn da hatte ich Termine von morgens bis in den Nachmittag hinein geplant.

Ich strukturiere meine Wochen gerne mit “Fokustagen” und “Termintagen”, d.h. ich bündle meine Termine immer möglichst auf ein, zwei oder maximal drei Tagen pro Woche. Wenn ich konzentriert an etwas arbeite, wie in dem Moment z. B. an einer neuen Lektion für den Disputationskurs, hilft es mir, größere zusammenhängende Zeitfenster zu haben. Ein einzelner Termin mitten im Tag bringt mich oft aus dem Flow, also versuche ich mir “Fokustage” möglichst terminfrei zu halten.

Aber zurück zum Thema. Ich wusste: Wenn ich an dem Tag alle Termine durchziehe, bin ich am Ende des Tages komplett platt.

Absage mit schlechtem Gewissen

Normalerweise hätte ich die Termine an dem Tag einfach durchgezogen. Dieses Mal habe ich mich bewusst entschieden, es anders zu machen: Einen Termin habe ich verschoben, einen behalten und das geplante Coaching am Nachmittag abgesagt.

Ich habe den Termin abgesagt, obwohl ich es körperlich vermutlich irgendwie geschafft hätte.

Und genau das war der Knackpunkt: Ich hätte es geschafft – aber mit einer Matschbirne. Mein Anspruch ist es aber, dass meine Coachees meine volle Aufmerksamkeit und meinen vollen Fokus bekommen.

Trotzdem fiel mir die Absage schwer. Ich habe in all den Jahren vielleicht fünf Coachings krankheitsbedingt abgesagt. Auch, weil ich selten krank bin.

Aber auch, weil ich mir oft genug gesagt habe „So schlecht geht es dir doch nicht“, obwohl mein Körper sich lieber auskuriert hätte.

Dieses Mal war es anders. Ich habe meiner Coachee eine Mail geschrieben, in der ich ganz ehrlich gesagt habe, dass mein Kopf heute wohl nicht fit genug für eine Coaching-Session ist. Dass ich ihr gerne einen Ersatztermin in der Folgewoche anbiete. Und dann habe ich die Mail abgeschickt – mit schlechtem Gewissen.

Anmeldung Profi-Kit Verteidigung

Was ein Perspektivwechsel bewirken kann

Eine Woche später, beim nachgeholten Coaching, ging es meiner Coachee gesundheitlich selbst nicht besonders gut. Und sie erzählte mir, wie froh sie war, dass ich die Sitzung damals abgesagt hatte. Nicht nur, weil sie an dem Tag selbst auch nicht fit war. Sondern weil sie es als sehr verantwortungsvoll erlebt hat.

Sie meinte: „Ich fand das sehr verantwortungsvoll – sowohl dir selbst gegenüber als auch mir gegenüber.“

Und das hat bei mir einiges ausgelöst.

Denn ja, ich hatte mich schlecht gefühlt. Ich hatte das Gefühl, sie im Stich zu lassen. Gleichzeitig wusste ich: Es war die richtige Entscheidung. Und genau das hat sie mir bestätigt. Es hat ihr sogar geholfen, sich selbst zu erlauben, auf ihre eigene Gesundheit zu achten.

Du bist ein Vorbild – ob du willst oder nicht

Was mir diese Rückmeldung nochmal deutlich gemacht hat: Wir alle haben eine Vorbildfunktion. Auch du. Gegenüber Studierenden, Kolleg*innen, aber auch Betreuer*innen – und natürlich nicht nur gegenüber Menschen, mit denen du beruflich oder akademisch zu tun hast, sondern auch im privaten Bereich. Als Promovendin betreust du vielleicht Studierende, hast eine*n TA oder arbeitest im Team. Ob du es willst oder nicht: Andere nehmen wahr, wie du dich verhältst.

Und deine Taten wirken immer mehr als deine Worte.

Du kannst noch so oft sagen „Bleib zu Hause, wenn du krank bist.“ Wenn du dich selbst nicht daranhältst, zeigt dein Verhalten eine andere Wirklichkeit als deine Worte.

Wenn du mit Fieber im Seminar stehst, im Call hustest oder an der Diss schreibst, obwohl du dich mies fühlst – dann sendest du eine ganz klare Botschaft. Nämlich: Arbeiten geht vor. Auch wenn es einem nicht gut geht.

Krank im Videocall

Krank sein verändert Prioritäten – oft unbewusst

Was ich auch oft beobachte: Es geht Promovierenden nicht gut, sie ziehen ihren Job noch irgendwie durch – aber den Teil der Arbeit, den sie „für sich“ machen und nicht für ihren Boss, der fällt hintenüber. In den meisten Fällen ist das die Dissertation.

Dieses Verhalten spiegelt eine ganz klare Priorität wieder, auch wenn dir das selbst in dem Moment vielleicht gar nicht bewusst ist: Die Aufgaben für deinen Job sind wichtiger als die Fortschritte an der Diss.

Sobald es dir ncht gut geht, läuft der Job irgendwie weiter – und die Diss wird pausiert.

Krankheit verschiebt die Prioritäten damit oft auf eine Weise, die dir vielleicht gar nicht klar ist. Eigentlich sollte deine Gesundheit ganz nach oben auf der Prioritätenliste rutschen. Stattdessen versuchst du noch, alle anderen Erwartungen zu erfüllen – nur die Diss bleibt auf der Strecke.

Das ist schade. Denn gerade, wenn dir die Dissertation wichtig ist, sollte sie nicht immer diejenige sein, die als Erste hinten runterfällt. Vergiss nicht: Alles ist besser als nichts – auch kleine Schritte zählen. Natürlich nur, wenn es dir gut genug geht, um überhaupt zu arbeiten – das versteht sich von selbst.

Du musst nicht „krank genug“ sein, um Pause zu machen

Was ich dir heute mitgeben möchte:

Du musst nicht todkrank sein, um dir Ruhe zu gönnen.

Auch eine einfache Erkältung ist Grund genug, um Termine abzusagen, dich auszuruhen und deinem Körper die Erholungszeit zu geben, die er benötigt.

Und wenn du dabei ein schlechtes Gewissen hast – schau dir an, woher das kommt. Vielleicht hilft dir auch der Gedanke, dass du damit auch anderen den Rücken stärkst.

Weil du vorlebst, dass Selbstfürsorge wichtiger ist als Funktionieren.

0 Comments

Submit a Comment

Your email address will not be published. Required fields are marked *

Hör auch in diese Podcast-Episoden rein

Disputation

Disputation

Es ist soweit: Du wirst deine Doktorarbeit verteidigen. Jetzt fehlt nicht mehr viel bis du den Doktortitel tragen darfst, auf den du jahrelang hingearbeitet hast. In den meisten Fällen ist die Disputation…

Interview mit Amanda Wichert

Interview mit Amanda Wichert

Warum es wichtig ist, deine Karriereplanung nicht erst nach der Promotion zu starten und wie dir „Career Dates“ dabei helfen, herauszufinden, was du willst.

Die Gefahr des Fast-Fertig-Seins

Die Gefahr des Fast-Fertig-Seins

Ist deine Diss schon länger “fast fertig”? Oft trügt dieses Gefühl des “Fast-Fertig-Seins”. Ich zeige dir, wie du deine Abschlussphase effektiv planst und welche Tücken du dabei vermeiden solltest.

Profi-Dispu-Kit Anmeldung

Wer steckt hinter der Promotionsheldin?

Hallo, ich bin Dr. Marlies Klamt!

Jahrelang habe ich selbst nach einem Weg gesucht, glücklich und zufrieden zu promovieren. Ich musste meine eigene Dissertation sogar 2x schreiben, bis ich ihn gefunden habe. Im zweiten Anlauf war ich nicht nur nach 9 Monaten fertig, sondern hatte die beste Work-Life-Diss-Balance meiner gesamten Promotionszeit. Die Krönung meiner Promotionsreise war schließlich die Bestnote für meine Disputation.

Heute unterstütze ich Doktorandinnen wie dich durch Coachings, Kurse und meinen Podcast "Glücklich promovieren". Ich glaube fest daran, dass alle Superkräfte, die du für eine glückliche Promotion brauchst, bereits in dir schlummern. Lass sie uns gemeinsam wecken!

Dr. Marlies Klamt