“Das liest doch niemand!“
3 Strategien für ungefragte Kommentare zur Diss
Podcast GLÜCKLICH PROMOVIEREN: Episode #155
Bekommst du manchmal unangenehme Kommentare zur Diss?
Das kann ziemlich verletzend sein. Damit du auf der nächsten Familienfeier problemlos kontern kannst, wenn dein Onkel dir einen Kommentar zur Diss drückt, gebe ich dir hier drei Antwortstrategien an die Hand.
Für jede der Antwortstrategien mache ich dir konkrete Formulierungsvorschläge, damit du weißt, wie du sie anwenden kannst.
Warum solche Kommentare verletzend sein können
Ungebetene Kommentare zur Dissertation sind selten willkommen. Vor allem nicht, wenn du sie als negativ empfindest und wenn sie von Menschen kommen, die vielleicht gar nicht wissen, was es bedeutet, zu promovieren. Zum Beispiel dein Onkel bei der Familienfeier. Wir nennen ihn hier Onkel Peter.
Verletzende Kommentare geben Hinweise darauf, dass wir selbst mit uns in diesem Bereich nicht im Reinen sind und etwas zu heilen haben. Unbehagen entsteht oft durch selbstkritische Bewertung oder Unzufriedenheit mit unserer eigenen Situation.
Deshalb ist es gut, dich daran zu erinnern:
Die Kommentare anderer spiegeln deren Sichtweise und Werte wider, nicht unsere Fähigkeiten oder Leistungen.
Denn: Was Peter über Paul sagt, sagt mehr über Paul als über Peter.
Oder, passend zu unserem Beispiel: Was Onkel Peter über dich und deine Doktorarbeit sagt, sagt mehr über Onkel Peter aus als über dich und deine Doktorarbeit.
Strategien für den Umgang mit ungefragten Kommentaren
Mit den folgenden drei Strategien, hast du bei ungefragten Kommentaren zu deiner Dissertation auf jeden Fall eine Antwort parat. Suche dir einfach die Strategie aus, mit der du dich am wohlsten fühlst und die am besten zu dir passt. Du kannst sie nutzen, egal von wem die Kommentare kommen. Als Beispiel nehme ich Onkel Peter.
1. Die Neugierige
Die Neugierige ist meine Lieblingsstrategie. So agierst du als Neugierige:
- Zeige echtes Interesse an den Beweggründen der Person, die den Kommentar abgegeben hat.
- Stelle Fragen, die die Person zum Nachdenken anregen und ihre Sichtweise hinterfragen.
Die Neugierige kann den Onkel zum Beispiel fragen:
„Was meinst du damit? Wieso denkst du das? Wieso glaubst du, dass kein Mensch Doktorarbeiten liest?“
Du kannst dann auch weiterfragen:
„Hast du denn schon einmal eine Doktorarbeit gelesen?“
Oder etwas suggestiver:
„Glaubst du das, weil du selbst noch nie eine gelesen hast?“
Wobei du hier ein wenig Fingerspitzengefühlt brauchst. Es geht nicht darum, jemanden vorzuführen, sondern es geht darum, echtes Interesse daran zu zeigen, wieso sie denken, wie sie denken, die Hintergründe zu verstehen, aber ihnen auch aufzuzeigen, dass es nicht die einzige Sichtweise ist.
Du könntest auch so etwas sagen, wie:
„Ich habe die letzten Jahre mehrere hundert Doktorarbeiten ganz oder teilweise gelesen, deshalb finde ich es interessant, dass du denkst, dass niemand diese liest.“
2. Die Wissenschaftlerin
So konterst du die Kommentare als Wissenschaftlerin:
- Präsentiere Zahlen und Fakten, um die Aussagen der anderen Person zu widerlegen.
- Bereite dich auf wiederkehrende Kommentare vor und antworte mit fundierten Informationen.
Die Wissenschaftlerin präsentiert Zahlen und Fakten. Wenn du immer wieder dieselben Kommentare abbekommst, dann kannst du dich darauf entsprechend vorbereiten.
Auf die Frage „Wie lange willst du denn noch promovieren?“ könntest du z.B. antworten:
„Eine Promotion dauert im Durchschnitt knapp 6 Jahre. Ich bin jetzt in meinem dritten Jahr. Also werde ich voraussichtlich noch weitere drei Jahre brauchen.“
Oder noch akademischer:
„Laut dem Bundesbericht Wissenschaftlicher Nachwuchs aus dem Jahr 2021 beträgt die durchschnittliche Promotionsdauer 5,7 Jahre, wobei hier die Medizin nicht berücksichtigt ist. Wenn man die Humanmedizin und die Gesundheitswissenschaften mit reinrechnet, ist es im Schnitt ein ganzes Jahr weniger. Aber da ich ja nicht in Medizin promoviere, bleiben wir mal bei den 5,7 Jahren. Interessant ist jetzt, dass Frauen im Durchschnitt schneller promovieren als Männer und zwar über ein halbes Jahr. Ich promoviere jetzt seit 3 Jahren, wenn ich noch zwei Jahre benötige, bin ich immer noch im Schnitt.“
Merkst du, was ich hier gemacht habe? Ich habe mein Gegenüber so mit Zahlen und Fakten zugeballert, dass den meisten die Lust auf Nachfrage wahrscheinlich jetzt schon vergangen ist.
Die Zahlen habe ich mir übrigens nicht ausgedacht, sondern die stimmen tatsächlich. Die Quelle verlinke ich dir am Ende dieses Artikels.
3. Die Fühlende
So reagierst du als Fühlende:
- Sei ehrlich und zeige, wie die Kommentare dich belasten.
- Bitte die Person, dich nicht mehr zu solchen Themen zu befragen, und setze klare Grenzen.
Die Fühlende (oder wir könnte auch sagen die Ehrliche) sagt dem Onkel klipp und klar, was Sache ist. Sie könnte z.B. so etwas sagen, wie:
„Es ist für mich ganz schön belastend, dass ich so langsam mit der Doktorarbeit vorankomme. Wenn du mich da ständig danach fragst, dann führt das dazu, dass ich mich noch schlechter fühle, als es mir eh schon geht.“
Dann kannst du auch noch eine Aufforderung hinterherschieben:
„Deshalb möchte ich dich bitten, mich ab jetzt nicht mehr nach dem Stand meiner Doktorarbeit zu fragen.“
Und wenn du es noch ein wenig abmildern möchtest, kannst du dann noch sagen:
„Ich gebe aber dann auf jeden Fall Bescheid, wenn ich sie abgegeben habe.“
Und mit einem Augenzwinkern:
„Dann darfst du mich gerne auf einen Drink einladen und wir feiern, dass du endlich eine promovierte Nichte hast.“
Fazit
Es ist wichtig, sich bewusst zu machen, dass die Kommentare anderer oft mehr über deren Sichtweise und Erfahrungen aussagen als über unsere Leistungen. Mit den vorgestellten Strategien kannst du lernen, angemessen auf ungefragte Kommentare zu reagieren und deine eigenen Grenzen zu setzen.
Natürlich sind alle Formulierungen, die ich dir genannt habe, nur Vorschläge. Am Ende musst du die Worte finden, die zu dir passen. Was aber nicht bedeutet, dass du nicht mal Antworten ausprobieren kannst, die du bisher noch nicht in deinem Repertoire hast. Du kennst ja vielleicht den Spruch „Wenn du andere Resultate haben willst, dann musst du andere Dinge tun, als die, die du bisher gemacht hast.“
Und das gilt auch hier. Wenn du bestehende Dynamiken durchbrechen willst, dann kann es sehr hilfreich sein, anders zu agieren, als du das bisher gemacht hast.
Denn was kann schlimmsten Fall passieren? Du trittst der anderen Person vielleicht etwas auf den Schlips. Nachdem sie dir jahrelang auf den Schlips getreten ist, finde ich das durchaus vertretbar.
Ich hoffe, diese Strategien helfen dir dabei, mit solchen Situationen umzugehen und dich während deiner Promotion unterstützt zu fühlen. Wenn du noch weitere Strategien oder Erfahrungen teilen möchtest, hinterlasse gerne unten einen Kommentar.
Infos & Ressourcen (Stand 4.6.2024)
Bundesbericht Wissenschaftlicher Nachwuchs (2021) [PDF] –> siehe hier Seite S. 30
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Hallo, ich bin Dr. Marlies Klamt!
Jahrelang habe ich selbst nach einem Weg gesucht, glücklich und zufrieden zu promovieren. Ich musste meine eigene Dissertation sogar 2x schreiben, bis ich ihn gefunden habe. Im zweiten Anlauf war ich nicht nur nach 9 Monaten fertig, sondern hatte die beste Work-Life-Diss-Balance meiner gesamten Promotionszeit.
Heute unterstütze ich Doktorandinnen wie dich durch Coachings, Kurse und meinen Podcast "Glücklich promovieren". Ich glaube fest daran, dass alle Superkräfte, die du für eine glückliche Promotion brauchst, bereits in dir schlummern. Lass sie uns gemeinsam wecken!
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