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Glücklich Promovieren

Episode #36

Promotions-Superkraft Nr. 1: Deine Intuition

von Dr. Marlies Klamt | Glücklich Promovieren Staffel 1 Episode #36

In Episode 36 erfährst du:

  • Was Intuition überhaupt ist
  • Warum Intuition nichts Übersinnliches ist
  • Wie dir deine Intuition helfen kann, gute Entscheidungen zu treffen
  • Wann du nicht auf deine Intuition hören solltest
  • Warum du manchmal gegen deine Vernunft entscheiden solltest
  • Wieso dein rationales Denken manchmal sogar schädlich sein kann
  • Wieso Pro Contra-Listen einfach nicht immer helfen
  • Was du von argentinischen Rennfahrern lernen kannst

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Promotions-Superkraft Nr. 1: Deine Intuition

Ich habe mir überlegt, eine kleine Reihe zum Thema Promotions-Superkräfte zu machen – die Kräfte, die du aktivieren kannst, damit du mit Freude und Leichtigkeit promovierst. Die Kräfte, die du sowieso schon in dir trägst, aber zu denen du vielleicht gerade keinen Zugang hast. Oder denen du nicht besonders vertraust. Bei denen du denkst, dass sie mit deiner Doktorarbeit nichts zu tun haben und vielleicht sogar schädlich für diese sind.

Ich kann mir gut vorstellen, dass das auch beim Thema Intuition der Fall ist. Intuition? Pfff, denkst du vielleicht, das ist doch nur was für Spirituelle, die Promotion ist ein rationales Geschäft und da hat Intuition oder meine innere Stimme nichts zu suchen.

Das sehe ich ein wenig anders. Und heute will ich dir erklären, warum das so ist. Und warum dein Bauchgefühl oder deine Intuition oder wie auch immer du es nennen willst, nicht nur nützlich sein kann für deine Dissertation, sondern sogar eine richtige Superkraft. Zumindest wenn es um einen ganz bestimmten Bereich geht. Und zwar Entscheidungen zu treffen.

Und außerdem will ich dir zeigen – Achtung, jetzt lehne ich mich noch weiter aus dem Fenster –, wieso dein rationales Denken in der Promotionsphase manchmal sogar schädlich sein kann. Manchmal, genau – natürlich nicht immer.

Aber jetzt lass mich erst einmal erklären, was ich unter Intuition überhaupt verstehe. Für mich ist das nämlich nichts Übersinnliches – im Gegenteil.

Intuition ist für mich ein Gefühl, dass du rational nicht verstehen kannst – deshalb interpretierst du es dann als Eingebung, die aus dem Nichts kommt. Dabei besteht sie aus all den Erfahrungen, die du in deinem Leben schon gemacht hast. Die sind dir aber nicht alle bewusst zugänglich. Und weil du die Gründe nicht greifbar machen kannst, glaubst du, dass die Intuition etwas Übersinnliches sei oder nur ein Bauchgefühl.

Dabei ist sie eine Superkraft, aus der du schöpfen kannst. Ein Zugang zu allem, was du weißt, aber worauf du nicht gezielt zugreifen kannst.

Mit dieser Meinung stehe ich auch nicht alleine da. Joel Pearson und Kollegen beschreiben Intuition zum Beispiel als „nonconscious emotional information“ also als unbewusste emotionale Information. Und der deutsche Psychologe Gerd Gigerenzer beschreibt Intuition ebenso als „gefühltes Wissen“. Er plädiert dafür, dass wir in manchen Situationen besser darum bestellt sind, unserem Bauchgefühl zu folgen als dem Kopf. Und zwar bei gerade bei unsicheren Situationen. Also Situationen, in denen wir nicht alle Faktoren in unsere Analyse miteinbeziehen können und nicht wissen, welche Konsequenzen unsere Entscheidung haben wird.

Ich verlinke dir auf der Website zur Episode ein interessantes Video von Gigerenzer und natürlich auch die Quelle der Studie von Pearson. (siehe weiter oben auf dieser Seite)

Okay, schauen wir uns dann mal an, inwiefern du dir deine Intuition zu Nutze machen kannst. Bzw. in welchen Situationen im Promotionsprozess sie dir helfen kann, eine für dich gute Entscheidung zu treffen.

Deine Intuition kann dann hilfreich für dich sein, wenn du dir zum Beispiel gerade eine der folgenden Fragen stellst:

  • Soll ich meine Doktorarbeit von dem Betreuer betreuen lassen, mit dem ich schon ein Gespräch hatte?
  • Soll ich die Stelle annehmen oder nicht, die mir angeboten wurde?
  • Soll ich aufstocken oder lieber weiter Teilzeit arbeiten?
  • Soll ich mich bei dem Graduiertenkolleg bewerben?
  • Soll ich Professorin x fragen, ob sie bereit ist, Kommissionsmitglied zu werden?
  • Soll ich Professor y fragen, ob er der Zweitbetreuer meiner Diss wird?
  • Kann ich Kollegen z anvertrauen, welche Ängste ich bezüglich meiner Promotion habe?

Wenn du eine dieser Entscheidungen oder eine ähnliche treffen musst, ist es vor allem dann wichtig, auf deine Intuition zu hören, wenn objektiv alles dafür zu sprechen scheint, dass du etwas machst, du aber dennoch ein mulmiges Gefühl hast.

Stellen wir uns zum Beispiel die Situation vor, dass du auf der Suche nach einem Betreuer oder einer Betreuerin für deine Doktorarbeit eine Person gefunden hast, die super zu deinem Thema passt. Perfekt! Sie forscht in einem ganz ähnlichen Bereich und du bist beeindruckt von ihrem Lebenslauf. Jetzt schreibst du die Person an und freust dich, dass sie dich zu einem Gespräch einlädt. Ihr unterhaltet euch und sie sagt dir zu, dass sie deine Dissertation betreuen würde.

Eigentlich solltest du überglücklich sein. Aber irgendwas stimmt nicht. Irgendwie hast du ein komisches Gefühl. Du kannst nicht ganz den Finger drauflegen, was es ist. Aber du zögerst, wirklich zuzusagen. Dabei hört sich alles gut an!

Du schreibst dir eine Pro und Contra-Liste und das einzige, was auf der Contra-Seite auftaucht, ist dein dummes Bauchgefühl. Du sprichst mit anderen Leuten darüber und alle sagen dir, was für ein Glückspilz du bist und dass du unbedingt zusagen solltest und dir diese Chance nicht entgehen lassen.

Das ist zum Beispiel ein Moment, bei dem es sinnvoll sein kann, auf deine Intuition zu hören. Vielleicht hattest du mit der Art Mensch, wie es der Betreuer oder die Betreuerin in spe ist, vorher schon einmal Probleme. Vielleicht antizipiert dein Unterbewusstsein bereits die Schwierigkeiten, die auftauchen könnten, wenn du dich von dieser Person betreuen lässt. Vielleicht hat es etwas wahrgenommen im Verhalten oder der Kommunikation deines Gegenübers, das nicht bis in deine bewusste Wahrnehmung vorgedrungen ist.

Oft neigen wir dazu, diese innere Stimme zu ignorieren. Und das Ganze einfach trotzdem durchzuziehen. Auf Biegen und Brechen. Es gibt ja offensichtlich nichts, was dagegenspricht. Doch! Deine Intuition! Die etwas weiß, das du nicht in Worte fassen kannst, das du nicht greifen kannst. Aber die sich doch bemerkbar macht.

Denk mal über dein bisheriges Leben nach – fällt dir eine Situation ein, in der du ein schlechtes Gefühl hattest und etwas dann trotzdem gemacht hast? Nur um nachher festzustellen, dass es doch keine so gute Idee war? Und ich meine jetzt nicht, dich mit deinen Freundinnen zu betrinken. Sondern eine Situation, in der du eine Entscheidung treffen musstest, in der es um mehr ging als den Kater am Tag danach.

Es kann auch sein, dass im Rückblick, in der Retrospektive vielleicht noch die Erkenntnis kommt, warum deine Intuition eine Warnung ausgesprochen hat. In seinem Buch „Inside Intuition“ erzählt Eugene Sadler-Smith, der zu Entscheidungsfindungen forscht, zum Beispiel die Geschichte des argentinischen Rennfahrers Juan Fangio. Der fuhr 1950 beim Grand Prix in Monaco mit und als er aus einem Tunnel kam, bremste er plötzlich. Zum Glück für ihn, denn sonst wäre er mitten in eine Massenkarambolage gefahren. Die er aber noch gar nicht sehen konnte. So konnte er den Unfall umfahren und hat das Rennen dann sogar gewonnen.

Erst später ging Fangio ein Licht auf. Es gab nämlich tatsächlich eine rationale Erklärung für sein Verhalten. Die Zuschauer und Zuschauerinnen neben der Rennbahn hatten in die andere Richtung geschaut – nämlich Richtung Unfall und nicht Richtung Tunnel, wie sie das normalerweise getan hätten. Aus dem Augenwinkel hatte Fangio wahrgenommen, dass farblich am Fahrbahnrand etwas nicht stimmte – er schaute nicht in helle Gesichter, sondern auf dunkle Hinterköpfe.

Zum Glück hat er nicht erst abgewartet, bis ihm bewusst wurde, was seltsam ist – sondern intuitiv direkt abgebremst.

Funktioniert die Intuition immer? Jetzt muss ich dich enttäuschen. Auch wenn sie eine Promotions-Superkraft ist, funktioniert sie nicht immer. Auch sie kann dir falsche Ratschläge geben.

Wirtschaftsnobelpreisträger Daniel Kahneman und sein Kollege Gary Klein haben gemeinsam untersucht, wann Experten und Expertinnen intuitiven Entscheidungen vertrauen sollten und wann nicht. Dabei haben sie herausgefunden, dass die Umgebung dabei eine Rolle spielt und wie gut sich die Expert*innen in einem Bereich auskennen.

Klar, wenn du verstehst, wie ein Bereich funktioniert und dessen Gesetzmäßigkeiten kennst, dann ist es auch wahrscheinlicher, dass du intuitiv die richtigen Entscheidungen treffen wirst.

Die beiden Forscher führen zum Beispiel die Bereiche der Medizin oder der Feuerwehr als Beispiele an, in denen intuitive Vorhersagen gut funktionieren und die Börse als Bereich, in dem das nicht der Fall ist.

Außerdem spielt es laut ihrer Studie eine Rolle, ob du deine eigene Erfahrung überschätzt. Auch dann funktioniert deine Intuition weniger gut.

Je mehr du weißt, dass du dich in einem Bereich weniger gut auskennst, umso weniger wirst du deiner Intuition in diesem Bereich vertrauen – und das ist auch gut so. Wenn du keine erfahrene Rennfahrerin bist, dann wird deine Intuition auch nicht Alarm schlagen können, weil sich etwas am Fahrbahnrand geändert hat. So ging es übrigens auch Fahrern nach Fangio, die in den Unfall reinfuhren.

Problematisch ist das auch, wenn du selbst gar nicht weißt, was du nicht weißt. Dann überschätzt du deine Fähigkeiten oft und damit auch die deiner Intuition.

Die Studie von Kahneman und Klein verlinke ich dir natürlich wie gewohnt in den Shownotes. (siehe oben)

Ich hoffe, dass ich dich dennoch davon überzeugen konnte, dass deine Intuition oft eine gute Ratgeberin für dich ist. Und häufig sogar bessere Entscheidungen hervorbringt, als dein Kopf das kann.

Deshalb sollst du jetzt natürlich nicht deine Ratio komplett über Board werfen. Aber eben anerkennen, dass sie nicht das einzige Instrument ist, um dir dabei zu helfen, gute Entscheidungen zu treffen. Für die Promotion und darüber hinaus.

Ich freue mich sehr, wenn du weiter unten auf dieser Seite einen Kommentar hinterlässt, bei welchen Entscheidungen dir deine Intuition schon geholfen hat. Oder wo du sie vielleicht ignoriert hast und das nachher bereut hast.

Auf meiner Website Promotionsheldin.de findest du übrigens seit kurzem auch eine Anleitung, die ich als Geschenk für meine Promotionsheldinnen und Podcast-Hörerinnen erstellt habe: Eine ausführliche Anleitung, mit der du mit Leichtigkeit den Zeitplan für deine Promotion schreibst.

Falls das also etwas ist, was gerade bei dir ansteht oder du deinen aktuellen Zeitplan noch mal gründlich überarbeiten willst, weil er hinten und vorne nicht funktioniert, dann ist jetzt die perfekte Gelegenheit dafür.

Wenn du jetzt intuitiv dachtest: Das ist genau das, was ich jetzt brauche – dann nicht lang schnacken, Kopf in Nacken und direkt auf promotionsheldin.de gehuscht, um dir die Schritt-für-Schritt-Anleitung für den Zeitplan für deine Promotion zu sichern. Und nein, damit sind absolut keine Kosten verbunden, außer die fünf Minuten, die du dafür brauchst.

Ich verabschiede mich jetzt erst einmal wieder bis nächsten Mittwoch – bis dahin freudiges Promovieren mit guten Entscheidungen, egal ob du sie mit Kopf oder Bauch triffst!

Deine Marlies

3 Kommentare

  1. JL

    Ich habe momentan eher das Gefühl, gar kein Gefühl zu haben. Schon gar kein intuitives – egal, ob es um die Betreuer*innenwahl geht oder die Annahme eines Nebenjobs. Mein rationales Hirn übernimmt sofort und sendet dann ein großes, neonfarbenes “weiß nicht” vor hellem Hintergrund. Und in der Folge mache ich meist gar nichts…

    Antworten
    • Marlies

      Wie geht es dir denn mit anderen Lebensbereichen? Also denen, die nichts mit der Promotion zu tun haben? Fällt es dir da auch schwer, deine Intuition zu hören oder geht es da besser? Oft können wir unsere innere Stimme dann nicht mehr hören (und ihr damit auch nicht folgen), wenn wir chronisch überarbeitet / krank / am Limit sind und damit nicht wirklich bei uns selbst – bzw. wenn wir uns so weit von uns entfernt haben und dem, wie wir eigentlich sind und was wir wollen, dass wir unsere Intuition damit so lange ignoriert haben, dass wir sie gar nicht mehr hören können. Dann fühlen wir uns abgestumpft und glauben nichts mehr zu fühlen. Ich hatte vor einigen Jahren mal so eine Phase – da habe ich mich sehr fehl am Platz gefühlt in verschiedenen Lebensbereichen. Was mir dabei geholfen hat, mich wieder zu sortieren (und die Intuition wieder spüren und hören zu können): viel Ruhe in mein Leben zu bringen durch Zeiten nur für mich, körperliche Bewegung (Sport und Yoga), in die Natur gehen, meditieren. Ich weiß, dass das alles Zeit kostet – aber du kannst ja klein anfangen. Ein kurzer Spaziergang am Morgen, eine Abendmeditation, eine wöchentliche Yoga-Stunde – es gibt viele Möglichkeiten, wieder zu sich zu finden. Und dann auch wieder bessere Entscheidungen treffen zu können. Hilft dir das schon mal ein klein wenig weiter?

      Antworten
  2. JL

    In anderen Lebensbereichen kann ich gut intuitiv entscheiden, vor allem im Umgang mit meinem Kind. Da bin ich deutlich mehr bei mir. Ich glaube im “beruflichen“ Kontext ist meine Intuition wirklich verschüttet von ganz vielen Soll- und Muss-Annahmen, die ich mir über die Zeit so angeeignet habe. Daher bin ich auch nicht ganz sicher, ob ich mir meine Intuition durch Entspannung wieder freilegen kann, denn überarbeitet bin ich eher nicht… Vielleicht fürchte ich eher, dass mir meine Intuition in Bezug auf die Diss sagt, was ich nicht hören will (z.B., dass eine Promotion für mich eigentlich die falsche Arbeit ist, und gar nicht mal weil ich es nicht kann, sondern ggf. gar nicht will?). Aber jetzt hat das Projekt schon so viel Zeit + Geld und Nerven gebunden, dass ich auf meine Intuition gar nicht hören mag? Wer weiß.

    Antworten

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