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Vom Pitch zur Publikation der Diss

Interview mit verlegerin Barbara Budrich – teil 1

Podcast GLÜCKLICH PROMOVIEREN: Episode #152

Podcast Dissertation
Interview Barbara Budrich - Marlies Klamt

Im Interview erfährst du:

  • Wie es dazu kam, dass Barbara Budrich ihren eigenen Verlag gegründet hat.
  • Wann eine Verlagsveröffentlichung sinnvoll ist und wann nicht.
  • Wie du den für deine Dissertation richtigen Verlag findest.
  • Wie du dein Promotionsthema vor einem Verlag pitchst – und was du dabei auf gar keinen Fall tun solltest. 
  • Was es bei Verlagsverträgen zu beachten gilt.
  • Wie die Zusammenarbeit mit einem Verlag genau abläuft.

… und vieles mehr. 🙂 

Barbara Budrich stellt sich vor

Dr. Marlies Klamt: Liebe Barbara, ich freue mich sehr, dass du heute hier im Podcast bist. Bitte stelle dich doch mal kurz vor und verrate meinen Hörerinnen und Hörern, wer du bist und was du beruflich machst für diejenigen, die dich vielleicht noch nicht kennen sollten.

Barbara Budrich: Ja, liebe Marlies, erstmal vielen Dank, dass ich heute hier sein darf. Danke, dass du mich eingeladen hast, dass ich ein bisschen was zu mir und dem, was ich so treibe, erzählen kann. Du hast mich ja in der Hauptsache als Verlegerin eingeladen. Ich bin tatsächlich dieses Jahr, 2024, seit 20 Jahren mit dem Verlag Barbara Budrich selbstständig. Der Verlag Barbara Budrich ist ein in der Hauptsache sozialwissenschaftlicher Verlag und wie gesagt seit 20 Jahren am Start mit Büchern, Zeitschriften, Print und Digital, Deutsch und Englisch und wir haben noch ein paar andere Sprachen. Wir sind in Deutschland und weit darüber hinaus nicht nur aktiv, sondern auch bekannt in unseren Wissenschaften. Außerdem bin ich aber auch Coach und Trainerin im Bereich wissenschaftliches Schreiben, Präsentieren und Publizieren in meinem eigenen Schulungsunternehmen Budrich Training. Das ist noch nicht ganz so alt, gehört zum Verlag dazu und richtet sich fächerübergreifend nicht nur an die Sozialwissenschaften und tatsächlich auch karrierealterübergreifend nicht nur an Promovierende, sondern an die ganze Wissenschaft.

Dr. Marlies Klamt: Ja, sehr spannend, sehr vielfältig. Auch erstmal noch herzlichen Glückwunsch zu 20 Jahren Verlag in dem Fall.

Barbara Budrich: Dankeschön.

Wie es dazu kam, dass Barbara Budrich einen Verlag gegründet hat

Dr. Marlies Klamt: Wie ist es denn dazu gekommen, dass du selbst einen Verlag gegründet hast?

Barbara Budrich: Ah ja, das ist eine witzige Geschichte. Die Essenz davon ist eigentlich… Das habe ich ja vor 20 Jahren gemacht und als ich vor 20 Jahren vor dieser Frage stand, hatte ich bereits fast ein ganzes Leben im Verlag verbracht, nämlich im Verlag Leske und Budrich, dem Verlag meines Vaters, der meinem heutigen Verlag relativ ähnlich sieht, also auch ein sozialwissenschaftlich ausgerichteter Verlag. Und mein Vater hat seinen Verlag verkauft, nachdem wir beide zehn Jahre lang sehr intensiv in diesem Verlag zusammengearbeitet hatten. Ich habe einen ganz kurzen Aufenthalt in dem Großkonzern gehabt, an den mein Vater seinen Verlag verkauft hatte, hab festgestellt, Konzern kann ich nicht, habe überlegt, was mache ich dann, und bin zu dem Schluss gekommen, naja, eigentlich kannst du nur Verlag, und dann habe ich einen Verlag gegründet. So einfach war das.

Was ihr am meisten Freude bereitet & die Arbeit mit Early Career Academics

Dr. Marlies Klamt: Ja, sehr schön. Wenn wir jetzt nochmal an deine Arbeit denken, und zwar denken wir ruhig an die Verlagsarbeit, aber auch an all die anderen Dinge, die du gerade noch aufgezählt hast, die du machst. Was ist denn für dich das absolut Schönste an deiner Arbeit? Die Tätigkeit, die Aufgabe, die Dinge, die dich wirklich am meisten erfüllen, wo du sagst, das mache ich am allerliebsten?

Barbara Budrich: Immer wieder stelle ich fest, dass ich einfach im Austausch mit anderen Menschen die größte Erfüllung finde. Also es ist einfach schön, ich gehe gerne raus, ich bin gerne sportlich unterwegs, ich wandere gern, das erfüllt mich auch alles. Aber der Austausch mit intelligenten und gebildeten Menschen, die ähnliche oder auch ganz unterschiedliche Ansichten und Auffassungen haben, die aber meinen Werten schon ein bisschen nahe kommen.

Zum Beispiel ist Demokratie ein großer Wert, der für mich sehr wichtig ist. Gerechtigkeit, soziale Gerechtigkeit ist ein Wert, der für mich sehr wichtig ist. Und Nachhaltigkeit in allen Belangen ist auch ein sehr wichtiger Wert.

Und diese Dinge, diese drei und noch viele mehr, finde ich vielfach bei vielen Akademikerinnen und Akademikern, aber tatsächlich auch bei vielen Selbstständigen und Unternehmer*innen.

Und mich mit denen auszutauschen, von denen zu lernen, deren Herausforderungen kennenzulernen und zu schauen, wie kann ich mit meiner Erfahrung jetzt spezifisch in meinem Bereich – du hast nach dem Professionellen gefragt – wie kann ich mit meiner Erfahrung da unterstützen, den Turbo zünden und auch die Nebelmaschine ein bisschen ausmachen. Ums Publizieren gibt es ja sehr, sehr viele Mythen, die sich da drum ranken. Und deswegen ist es eines meiner Anliegen, auch Transparenz zu schaffen und diesen ganzen Prozess zu erleichtern, vor allen Dingen dann eben auch für Early Career Academics.

Dr. Marlies Klamt: Du hast jetzt den Austausch genannt und auch gerade noch mal die Nachwuchswissenschaftler*innen, die Early Career Academics. Fällt dir ein ganz konkretes Erlebnis ein, das du die letzten Jahre hattest, wo du gesagt hast, das hat sich so gut angefühlt, da war ich so glücklich?

Barbara Budrich: Ich hatte vor nicht allzu langer Zeit eine Professorin im Coaching. Die kam über einen meiner Schreibclubs. Das ist so ein Schreibgruppencoaching im wissenschaftlichen Bereich, im wissenschaftlichen Schreiben. Darüber kam sie auf mich. Und sie hat dann gesagt, ja, schreiben, publizieren, das ist mir schon alles sehr wichtig und ich habe auch hier dieses Projekt und darüber würde ich mit dir gerne sprechen. Und letzten Endes ist daraus eine Coaching-Begleitung, ich sage mal eine Art Life-Coaching-Begleitung, also das ging weit übers Schreiben und Publizieren hinaus, geworden, wo ich diese Professorin begleiten durfte und wir uns immer wieder ausgetauscht haben über Machtspielchen, Machtbeziehungen in Academia: Wie komme ich da raus? Wie komme ich da drüber weg?

Und auch, wie kann ich in diesem Feld, das stark geprägt ist von Wettbewerb an vielen Stellen, wie kann ich in diesem Feld tragfähige Gemeinschaften, tragfähige Netzwerke aufbauen, sodass ich nicht die ganze Zeit immer nur über meine Schulter gucke und Sorge habe, dass mir jetzt irgendwer von hinten ein Messer in den Rücken rammt?

Und das zu sehen, diese Entwicklung zu sehen und diese Frau zu begleiten, die nun wirklich schon gestandene Professorin war, das hat mir richtig die Tränen in die Augen getrieben, weil das einfach toll ist. Jeder, der im Coaching unterwegs ist, der weiß diesen Moment zu schätzen, wenn beim Gegenüber, ich nenne es gerne, das Licht angeht. Man sieht so richtig das Leuchten im Gesicht, man sieht das Strahlen in den Augen. Da bewegt sich was, da passiert was. Und da selber so ein kleines bisschen den Impuls geben zu dürfen und das miterleben zu dürfen, für mich ist das ein ganz großes Geschenk.

Dr. Marlies Klamt: Ja, da bin ich voll bei dir, kann ich sehr gut nachvollziehen. Ich bekomme dann wirklich immer physisch Gänsehaut im Coaching. Ich sitze da und meine Härchen stellen sich auf, das ist so schön, vor allem, wenn es ein wichtiges Thema geht wie Machtstrukturen, Machtmissbrauch, wie man selbst damit umgeht und sich da besser positioniert und seinen eigenen Weg findet. Vielen Dank, dass du das geteilt hast.

Barbara Budrich: Sehr gerne.

Wann ergibt eine Veröffentlichung der Dissertation über einen Verlag Sinn und was gibt es für Alternativen?

Dr. Marlies Klamt: Jetzt ein bisschen zum Thema Verlag ja/nein. Weil das ist ja auch noch eine Frage, die sich viele Promovierende stellen. Soll ich überhaupt über einen Verlag veröffentlichen? Es gibt ja inzwischen viele Möglichkeiten, die Dissertation zu veröffentlichen und die Verlagsveröffentlichung ist nur eine davon. Wann rätst du denn zu einer Veröffentlichung über einen Verlag und wann würdest du sagen, nee, da ist vielleicht eher eine alternative Publikationsart ratsam?

Barbara Budrich: Ich würde immer zuerst fragen, und das tue ich in meinen Workshops tatsächlich auch, warum willst du eigentlich publizieren? Was ist deine Motivation? Warum möchtest du diesen Weg gehen?

Publizieren ist anstrengend. Mit einem Verlag publizieren ist anstrengend, dauert lang, ist teuer und aufwendig. Warum willst du das tun?

Und sind deine Beweggründe und die Rahmenbedingungen, die für dich persönlich gelten, stehen die alle auf grün, dass eine Verlagspublikation wirklich gut ist für dich? Die grundlegende Motivation ist klar, wir haben die Publikationspflicht. Das ist erst mal klar, dann denken viele, okay, ich muss auch in einen Verlag gehen.

Und es gibt viele, viele andere Möglichkeiten, die viel einfacher, schneller und preiswerter sind als eine Publikation in einem Verlag.

Manchmal ist es so, dass man mit seiner Dissertation seine wissenschaftliche Reputation schon aufbauen möchte. Das ist der erste echte Eintrag auf der Literaturliste sozusagen. Das ist aber sehr abhängig natürlich vom Fachbereich. Es hängt ja auch davon ab, sprechen wir jetzt hier von einer Monografie, nur dann, stellt sich ja die Frage, oder sprechen wir von kumulativen Publizieren, wo ich dann sagen würde, ja, wenn du kumulativ publiziert hast, musst du dann diese Dinge, die alle schon in der Öffentlichkeit sind, wirklich nochmal in ein Buch zusammenfügen und daraus eine Verlagspublikation machen? Da habe ich meine Fragezeichen.

Was der Verlag dir bringt, ist Reputation. Trotzdem bleibt die Publikation, die du in dem Verlag veröffentlicht, eine Dissertation. Das heißt, die Zielgruppe deiner Dissertation, dieser wirklich fachlich in die Tiefe gerichteten Publikation, die Zielgruppe bleibt klein.

Die Diss hat dazu noch die Aufgabe, zu beweisen, dass du mit allen wissenschaftlichen Wassern gewaschen bist. Das heißt, die hat gar nicht in erster Linie die Aufgabe, Erkenntnisse von A nach B zu tragen. Das tut sie auch. Das ist nicht so, dass ich sage, ja, da ist ja gar nichts drin. Nee, das tut sie schon auch. Aber die Hauptaufgabe der Diss ist es, nach außen zu tragen, du kannst das.

Das heißt, deine Hauptzielgruppe bei der Dissertation sind deine Gutachterinnen und Gutachter. Das heißt, du hast eine Hauptzielgruppe von, ich sage mal, ein oder zwei Leuten. Alles andere ist nachrangig.

Das heißt, darüber kannst du nachdenken, will ich mit dieser Publikation, die eigentlich gar nicht nach außen an eine Zielgruppe gerichtet ist in erster Linie, will ich damit in die Öffentlichkeit, ist das ein guter erster Eintrag auf meiner Literaturliste.

Eine weitere Überlegung ist die, wie sieht es mit deinen Ressourcen aus? Wie sieht es mit deinen Rahmenbedingungen aus? Erste Frage, möchtest du in Academia bleiben? Wenn ja, dann ist die Sache mit der Reputation durchaus eine gerechtfertigte Frage. Wenn nein, du willst sowieso raus aus diesem in Anführungsstrichen Zirkus, dann brauchst du diese Reputation vielleicht gar nicht so dringend. Und kannst dir über alle anderen Kanäle überlegen, na ja, ein hübsches Buch kriege ich auch, wenn ich es im Self-Publishing mache zum Beispiel. Das ist nicht für jeden was, ist schon klar, aber du hättest dann auch ein Buch. Es ist einfach eine Möglichkeit.

Wenn du sagst, ich bin mit der Promotion fertig und übermorgen fange ich mit dem nächsten Projekt an, dann kann ich dir jetzt schon sagen, vergiss die Verlagspublikation deiner Dissertation, wenn das Projekt dich in eine ganz andere Richtung führt.

Weil du brauchst deine Energie für das neue Projekt und die Energie, die du brauchst, deine Diss zu veröffentlichen, die ist dann ein bisschen im Hintergrund, ein bisschen auf dem Backburner. Das heißt, da würde ich dann auch sagen, schau mal, ob deine Zeit, deine Kraft, deine Energie wirklich in die Dissertation fließen sollen.

Und last not least, die Kosten. Eine Verlagspublikation einer Dissertation kostet immer Geld. Wie viel, das hängt von vielen Faktoren ab. Es kann die tausend bis zu mehreren Tausend Euro kosten.

Je nachdem, in welchem Fachbereich du unterwegs bist, durchaus auch mal so Richtung 5.000 bis 10.000 Euro. Also richtig teuer werden. Und dann ist die Frage, bekommst du Förderung? Ich weiß nicht, Marlies, ob du nachher noch auf den Aspekt der Förderung eingehen würdest?

Dr. Marlies Klamt: Auf jeden Fall.

Barbara Budrich: Ja, gut. Dann würde ich einfach hier an dem Punkt sagen, okay, über die Kosten musst du dir halt auch im Klaren sein. Du kannst natürlich bei Verlagen anfragen, was kostet. Und dann kannst du deinen Schrecken ein bisschen abfedern mit der Erfahrung und dir dann überlegen, okay, wie komme ich an das Geld? Und darüber sprechen wir dann noch.

Dr. Marlies Klamt: Genau, darüber sprechen wir noch. Aber erst noch mal kurz zurück zu diesem Punkt der Reputation. Das hattest du jetzt als wichtigsten Grund herausgestellt für die Entscheidung für eine Publikation im Verlag. Und Du hast auch schon dazu gesagt, dass das stark vom Fach wiederum abhängt, wie groß da die Reputation ist. Gibt es denn Fächer, wo du sagst, wenn ich in der Wissenschaft bleiben wollte und eine Monografie geschrieben habe, das sollte ich auf jeden Fall über den Verlag publizieren? Und falls ja, welche Fächer sind das?

Barbara Budrich: Das kann ich dir nicht mit großer Gewissheit sagen. Also meine Vermutung ist, dass je konservativer das Fach, desto monografischer, verlagischer die Publikation. Und je weiter du im STEM-Bereich sowieso bist, desto unwahrscheinlicher ist es, dass du überhaupt monografisch publizierst. Und dann brauchst du auch keinen Verlag im engeren Sinne dafür, weil du vermutlich kumulativ und dann aber bitte in International Ranked Peer Review Journals publizierst. Also, genau kann ich dir das nicht sagen, in welchen Fächern du unbedingt musst oder nicht musst. Da schaust du am besten auf die Gepflogenheiten in deinem Fach, schaust, was machen die anderen, was sagen die Professor*innen und wie ist so dein Eindruck vom Fach.

Wie finde ich den Verlag, der zu mir und meiner Dissertation passt?

Dr. Marlies Klamt: Angenommen, ich habe mir jetzt eingehend Gedanken gemacht und habe mich schlussendlich für die Veröffentlichung über einen Verlag entschieden. Wie finde ich denn dann den richtigen Verlag für mich und was macht einen guten Verlag in Anführungszeichen aus?

Barbara Budrich: Den Verlag findest du vermutlich schon in deinem Kopf. Also viele Leute haben schon ein sehr klares Bild davon, mit welchem Verlag sie zusammenarbeiten möchten. Und dieses Bild stammt von den Publikationen, mit denen man selber gearbeitet hat.

Das heißt, in der Regel findest du deinen Verlag tatsächlich in deinem Literaturverzeichnis.

Da findest du übrigens auch gute Zeitschriften. Das sind die Verlage, die vermutlich auch einschlägige Publikationen führen. Du musst dir überlegen, was habe ich jetzt für eine Publikation, in welchem Fachbereich bin ich angesiedelt, welche Fragestellung habe ich.

Am schwierigsten wird es häufig, wenn man interdisziplinär publiziert, weil es dann häufig nicht den einen richtigen Verlag gibt, sondern unterschiedliche Verlage.

Verlage schauen auf Publikationen so, dass sie sagen, wo sind denn für uns die Synergien? Welche Zielgruppe interessiert sich für dieses Buch? Adressieren wir diese Zielgruppe? Das heißt also, in dem Augenblick, wo du so eine kleine Auswahl an Verlagen vor deinem inneren Auge oder auch auf einer Liste hast, kannst du dich fragen, haben die Leute in ihrer Zielgruppe, also bei ihren Leser*innen, die Interesse an meiner Publikation haben. Das sind so erste Fragen, wo du dir überlegen kannst.

Okay, wie passen jetzt meine Programmatik, also die Ausrichtung meiner Diss, wie passt das zusammen mit dem Programm des Verlages? 

Das ist so der erste Schritt und ich würde dir empfehlen, du machst dir wirklich eine kleine Liste an Verlagen. Du darfst dann auch dabei daran denken, dass große Verlage tendenziell häufiger in deiner Literatur vorkommen als kleinere Verlage oder ganz kleine Verlage, was aber erst mal nichts über die Qualität dieser Verlage aussagt. Das darfst du dann auch im Hinterkopf behalten.

In vielen Fachbereichen würde ich dir empfehlen, wenn du die Gelegenheit hast, dann geh zu den großen nationalen Kongressen der Fachgesellschaften. 

Wir haben zum Beispiel im März jetzt in Halle an der Saale den Kongress der Deutschen Gesellschaft für Erziehungswissenschaft. Später im April ist die Deutsche Gesellschaft für Soziale Arbeit, im Herbst die Deutsche Vereinigung für Politikwissenschaft und so weiter. Und Verlage, die für diese Fächer relevant sind, die gehen in der Regel mit Büchertischen zu diesen Veranstaltungen.

Und anders als zum Beispiel auf einer Buchmesse, wo vielfach der Vertrieb und das Marketing vor Ort sind, sind bei diesen Fachkongressen in der Regel die Lektor*innen vor Ort. Und das sind die Leute, mit denen du vielleicht auch ganz gerne ins Gespräch kommen möchtest.

Du hast auf diesen Kongressen bei den Büchertischen den großen Vorteil, du kannst dir das Verlagsprogramm nochmal live und in Farbe anschauen. Du kannst es auf dich wirken lassen. Du kannst sagen, die Bücher gefallen mir. Oder du kannst sagen, ich mag die Haptik, ich mag, wie sich das anfühlt. Und dann kannst du mit den Leuten ins Gespräch gehen und kannst die auch fragen vor Ort, ich habe eine Diss verfasst zu diesem Thema. Und den Pitch, den üben wir gleich noch. Ich habe eine Diss verfasst zu diesem Thema, könnte euch das interessieren?

Und jetzt gibt es zwei Möglichkeiten oder drei Möglichkeiten. Die eine Möglichkeit ist, die sagen, nö, interessieren uns gar nicht. Die zweite Möglichkeit ist, die sagen, ja, könnte uns interessieren – den Verlag würde ich mir merken. Und die dritte Möglichkeit ist die, dass sie sagen, ja klar, hier ist der Vertrag. Und da wäre ich sehr vorsichtig. weil da würde ich nämlich sagen:

Wenn dir ein Verlag ohne weitere Prüfung, auch bei einer Diss, sofort ein Publikationsangebot macht, dann möchtest du mit diesem Verlag vielleicht nicht zusammenarbeiten.

Verlage sind ihr Verlagsprogramm. Deswegen legen Verlage sehr, sehr großen Wert auf die Auswahl der Publikationen, die in diesem Programm erscheinen. Und in dem Augenblick, wo diese Auswahl nicht mehr getroffen wird, sondern alles genommen wird, was fliegt, hat sich was mit dem Verlagsprogramm. Und dann hat sich auch was mit der Reputation, die du dadurch bekommst, dass du dich in einer guten Gesellschaft befindest. Das ist wichtig für dich, für die Reputation.

Wie erkenne ich unseriöse Verlage und was ist Predatory Publishing?

Dr. Marlies Klamt: Ja, ein ganz wichtiger Hinweis und auch ein super Tipp mit den Kongressen der Fachgesellschaften. Und ich erinnere mich auch, als ich wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut war, da hatte ich ständig Flyer von irgendwelchen Verlagen in meinem Postfach, von denen ich noch nie gehört hatte. Wie erkenne ich denn anhand dieser Flyer unseriöse Verlage? Oder ist das schon das Indiz, dass ich noch nie von dem Verlag gehört habe, dass ich vielleicht die Finger davon lassen sollte?

Barbara Budrich: Das ist schon ein gutes Indiz auf jeden Fall. Verlage, die auch da quasi große Versprechungen machen, ohne dass sie sich sichtbar um Qualität bemühen und um den Schutz ihres Programms. Wie gesagt, das ist unser wichtigstes Gut. Da kannst du schon ein bisschen skeptisch sein. Wenn sie dann noch so Sachen sagen wie, du kriegst bei uns ein garantiertes großartiges Honorar, ja, dann kannst du zum Veröffentlichen deiner Diss oder auch Master- oder Bachelor-Arbeiten, werden ja mittlerweile auch von diesen Verlagen abgefangen, kannst du schon sagen, ich glaube nicht. Da ist wirklich Vorsicht geboten.

Du kannst aber auch einfach gucken. Also ich meine, es könnte ja auch ein junger Verlag sein oder ein Verlag, der ein bisschen kleiner ist und deswegen hast du noch nichts von ihm gehört. Google das Verlagsprogramm. Wenn du siehst, wer da im Verlagsprogramm ist, dann wird dir schon auffallen, ob das ein echter, in Anführungsstrichen, Verlag ist, ein seriöser Verlag oder einfach nur so eine Publikationssammelstelle.

Es gibt eine Webseite, die heißt Think, Check, Submit, also Nachdenken, Prüfen, Einreichen. Da geht es Predatory Publishing und auch wirklich darum, gezielt, wie du Predatory Publishers und Predatory Journals erkennen kannst. Diese Seite, das ist relativ simpel. Also das ist nicht so, dass das ein großes Geheimnis ist, wie man jetzt einen echten Verlag oder eine echte Zeitschrift von einem Betrüger unterscheidet. Aber das mit dem Denken, mit dem Nachdenken und dem Prüfen, das ist halt wichtig, bevor man irgendetwas einreicht. Und so erkennst du auch seriöse Verlage und kannst die Spreu vom Weizen trennen.

Dr. Marlies Klamt: Ja, nicht dass dann nachher der der Stolz überwiegt oder das falsche Gefühl von ich erfahre jetzt eine besondere Ehre, weil die sich für meine Arbeit interessieren und eigentlich wollen sie nur mein Geld. Im Zweifelsfall.

Barbara Budrich: Genau.

Wie pitche ich meine Dissertation so, dass sie gut ankommt beim Verlag?

Dr. Marlies Klamt: Du hast gerade mich schon neugierig gemacht, weil du gesagt hast, wir sprechen gleich noch über den Pitch, da möchte ich doch noch mal einhaken. Nehmen wir an, es handelt sich eine Situation von, ich spreche live mit Personen bei einem Kongress, beispielsweise von einem Verlag, mit Lektoren, mit Lektorinnen. Wie pitche ich dann meine Dissertationen so, dass sie sich interessant und attraktiv anhört?

Barbara Budrich: Danke für diese Frage. Die ist aber tatsächlich ein bisschen falsch gestellt. Ich will sie ein bisschen geraderücken. Weil die Frage ist gar nicht so sehr, wie pitche ich im Sinne von, wie bereite ich das Marketing den Verlagsleuten gegenüber vor, sondern die viel größere Gefahr ist die, dass du anfängst, deine Geschichte zu erzählen und die Verlagsleute einfach hinter dir lässt, bildlich gesprochen. Auf einem Kongress passiert mir das tatsächlich nicht so oft, weil ich da kann man besser einhaken, auch über Körpersprache einhaken. Das geht am Telefon nicht.

Und ich ermutige Promovierende auch, mit Verlagen zu telefonieren und kurz Kontakt aufzunehmen. Kurz, Ausrufezeichen, Kontakt aufzunehmen.

Und dafür empfehle ich folgende Vorbereitung. Du überlegst dir, was du sagen möchtest, und zwar genau drei Sätze, mehr darfst du nicht sagen. Und er sagt, das kann ich, ich kann doch nicht in drei Sätzen meine Diss darstellen. Nee, kannst du nicht, sollst du auch nicht. Was du sagen sollst, ist: Ich habe eine Dissertation verfasst mit dem Titel, Untertitel, dann sagst du, wie die heißt. Und dann sagst du in ein, zwei Sätzen, es geht um … und meinetwegen noch, ich habe diese oder jene Methode benutzt oder was auch immer da für dich jetzt relevant ist. Orientiere mich an dieser Theorie oder was auch immer. Das war es.

Du musst dir vorstellen, deine Auftreffsituation bei den Verlagsleuten, die haben keine Ahnung, wo du herkommst, die haben alle studiert, also in der Regel, haben Lektor*innen studiert und sind fachlich durchaus gebildet. Du hast dich jetzt vier bis fünf oder so Jahre lang intensiv in den Kapilargefäßen der Wissenschaft aufgehalten, bist immer tiefer und tiefer und tiefer in deinen Bereich eingedrungen. Du kannst dir überhaupt gar nicht mehr vorstellen, wie das außerhalb dieser Kapillare aussieht und wie Menschen, die nicht in diesen Tiefen der Wissenschaft versunken sind, denken und auf dein Thema reagieren.

Das heißt, wenn du dann anfängst zu erzählen und du erzählst zum Beispiel deine Kurzzusammenfassung, die du im Exposé hast, dann hast du die Verlagsleute innerhalb weniger Sekunden verloren.

Und wie ich vorhin schon gesagt habe, das Einzige, was du bei dieser Spontananfrage von den Leuten zu hören bekommst, ist entweder „nein, das passt überhaupt nicht“ oder „könnte gehen, schick uns mal aussagekräftige Unterlagen“. Das heißt, du kannst dir diese ganze Hintergrundgeschichte komplett sparen und no details, just continents. Wirklich ganz grob nur skizzieren, worum es geht. Und das musst du vorbereiten, weil, du hast dich lange damit befasst. Das ist Herzblut und wenn man dich anpiekst, dann bricht es alles aus dir raus. Das ist völlig normal und wunderschön. Nur helfen tut es halt keinem, der im Lektorat beurteilen soll, ob wir deine Diss machen können oder nicht.

Dr. Marlies Klamt: Kannst du dir spontan ein Beispiel ausdenken und so einen Drei-Satz-Pitch raushauen?

Barbara Budrich: Ja. Ich habe eine Dissertation fertig, die dreht sich die Regenwurmfauna am Großglockner. Ich habe dabei die unterschiedlichen Regenwurmarten, jetzt denkt euch hier bitte zwei lateinische Namen aus, untersucht und zwar insbesondere deren Brunftverhalten. Punkt. Fertig. Ihr merkt schon, ich habe keine Ahnung von Regenwürmern, aber das reicht. Der Verlag kann dann sagen, ja, das könnte in unser Programm passen. Oder wenn du mit so einem Projekt zu unserem Verlag kommst, würden wir sagen, sorry, das ist so überhaupt nicht unser Gebiet. Selbst wenn du jetzt Regenwurmgesellschaften, Regenwurmsoziologie, untersucht hättest, wäre es immer noch nicht das Feld, was wirklich zu unserem Programm passt.

Die Produktiver Promovieren Challenge

Was muss ich alles beachten, bevor ich einen Verlagsvertrag unterzeichne?

Dr. Marlies Klamt: Ja, zauberhaftes Beispiel. Vielen Dank dafür. Kommen wir von den Regenwürmern zu einem anderen schönen Thema, den Verlagsverträgen. Du hast das Wort vorher schon genannt und den Verlagsvertrag angesprochen. Was ist denn ein Verlagsvertrag und worauf muss ich als Promovierende, wenn ich meine Dissertation veröffentliche, bei einem Verlagsvertrag achten?

Barbara Budrich: Wir haben zwei unterschiedliche Dinge, die wir uns dabei anschauen wollen. Das eine ist, du möchtest Open Access publizieren unter irgendeiner Creative Commons Lizenz. Wenn dich das weiter interessiert, creativecommons.org, da findest du alles über die sogenannten CC-Lizenzen. Die andere Variante ist, du möchtest eine klassische Publikation im Sinne von ein gedrucktes Buch und ein E-Book hinter einer Paywall.

Wenn du Open Access publizieren möchtest, dann kannst du deinem Publikationspartner, deinem Verlag die einfachen Nutzungsrechte übertragen.

Das heißt, du gehst hin zum Verlag und sagst, ey Leute, ihr kriegt von mir die einfachen Nutzungsrechte. Das bedeutet, der Verlag darf genau das nicht exklusiv machen, was du mit ihm besprichst. Weil in dem Augenblick, wo dein E-Book Open Access mit einer z.B. CC BY-Lizenz online steht, Open Access Online steht. BY bedeutet im Übrigen gute wissenschaftliche Praxis. Es muss die Quelle angegeben werden, wenn dein Text weiterverwendet wird oder dein Material weiterverwendet wird.

Ab dem Zeitpunkt, wo dein Text dann Open Access unter einer CC BY-Lizenz steht, dürfen alle anderen auf dieser Welt mit diesem Text in Auszügen, ganz oder wie auch immer, in allen Sprachen, in allen Formaten auch kommerziell machen, was sie wollen.

Im Grunde genommen müsstest du dem Verlag nicht einmal die einfachen Nutzungsrechte übertragen. Der könnte sich die einfach nehmen in dem Augenblick, wo du Open Access bei ihm veröffentlicht hast. Das ist die eine Variante. Solche Verlagsverträge sind zum Teil trotzdem noch relativ umfangreich, weil die Verlage sich absichern möchten, dass da keine Regressforderungen dafür auftauchen, dass du wissenschaftlich nicht sauber gearbeitet hast.

Wir haben gerade in letzter Zeit im Verlag wieder ein paar Fälle gehabt, wo Bilder verwendet wurden, wo dann fraglich war, ist das hier jetzt wirklich urheberrechtlich alles sauber oder haben wir hier ein Problem? Und wir beraten unsere Autor*innen natürlich. Wenn wir aber falsche Aussagen bekommen, dann ist es für uns schwierig, richtig zu beraten. Also, wir haben da so ein paar urheberrechtliche Dinge zu beachten, wenn wir Open Access publizieren. Ich darf keine Rechtsberatung machen. Details müsstet ihr im Zweifel wirklich mit Anwälten klären. Ganz grobe Richtungen könnt ihr mich gerne auch mal kontaktieren, wenn ihr da Fragen habt. Aber die Uni hat in der Regel auch solche Stellen. So, Open Access, relativ schnell einen Haken dran.

Wenn du dem Verlag die Verlagsrechte übertragen möchtest, das heißt also das ausschließliche Recht zur Vervielfältigung und Verbreitung deiner Arbeit, dann brauchst du einen richtigen, einen vollständigen Verlagsvertrag, in dem aber in allererster Linie dieses Recht an den Verlag übertragen wird.

Im deutschen Urheberrechtsverständnis sind Urheber*innen und die Urheberschaft am Werk nicht voneinander zu trennen. Da gibt es andere Verständnisse in anderen Kulturkreisen. Das heißt, das Urheberrecht verbleibt immer bei dir, aber die Nutzungsrechte und hier eben im Besonderen das Verlagsrecht, das kannst du übertragen. Und dann wirst du einen Vertrag bekommen. Bei uns hat so ein Standard-Verlagsvertrag, ich weiß nicht, viel zu viele Seiten, irgendwie sechs oder acht oder sowas. Und da steht ziemlich viel drin darüber, was der Verlag dann alles mit deinem Text machen darf. Und du überträgst all diese Rechte absolut exklusiv an den Verlag. Und sagst, was? Dann darf der Verlag alles damit machen und ich darf nichts damit machen? Im Prinzip zunächst einmal genau. Genauso. Warum?

Weil der Verlag, auch wenn er von dir Zuschuss bekommt, in welcher Form auch immer, ein wirtschaftliches Risiko eingeht, dieses Buch auf die Welt zu bringen.

Weil auch wenn der Druckkostenzuschuss beispielsweise für dich viel Geld ist, für den Verlag sind damit nicht alle Kosten, vor allen Dingen nicht die sogenannten Gemeinkosten, wirklich gedeckt. Bei uns im Haus sind Dissertationen in der Regel Nullsummen-Spiele. Wir sind froh, wenn die schwarze Null darunter ist. Und es klappt häufiger auch mal nicht so ganz. So, du überträgst die kompletten Rechte, aber wenn du jetzt sagst, ich habe aber eine chinesische Freundin und die hat versprochen, mir zu helfen, meine Dissertation auf Chinesisch zu veröffentlichen. Ich möchte nicht, dass der deutsche Verlag die chinesischen Übersetzungsrechte bekommt. Ja, dann sagst du das dem Verlag und dann kann der das im Vertrag schon direkt ausschließen. Gilt für alle anderen Sprachen auch. Könnt ihr so verabreden. Ihr könnt von vornherein festlegen, der Verlag bekommt nur die deutschen Rechte. Das ist alles möglich.

Der Verlag darf aber trotzdem eine ganze Menge, wenn du es ihm nicht untersagst. Ich habe von Verlagen gehört, die so abstruse Dinge gemacht haben, wie ganze Bücher von künstlicher Intelligenz zusammenfassen lassen und dann da einen Sammelband draus zu machen selber, wo der Inhalt der einzelnen Bücher, die da verarbeitet wurden, dann quasi als Einzelbeiträge erschienen sind. Das ist rechtlich abgedeckt mit diesen Verträgen, wäre nach meinem Verständnis aber ohne Rücksprache mit den Autor*innen ein relativ sinnloses Unterfangen, weil ich wollen würde, dass die das nochmal freigeben. Deren Name steht nämlich da drauf. Damit da dann auch klar ist, wer hat hier was verfasst und übernimmt dann auch die Verantwortung für die Richtigkeit. Ich als Verlegerin möchte nicht die Verantwortung für die Richtigkeit aller Inhalte übernehmen, die da an irgendeiner Stelle produziert werden. Das ist die Verantwortlichkeit und Verantwortung der Autor*innen.

Also all das wird in den Verträgen geklärt. Da steht auch drin, dass du selber dafür verantwortlich bist, dass du wissenschaftlich sauber gearbeitet hast. Und dann gibt es eine ganze Reihe von Paragraphen, die sich direkt auf das erste Erscheinen der ersten Auflage im verabredeten Format beziehen. Da geht es dann Umfang, Ausstattung, Schwarz-Weiß, Paperback, Hardcover, whatever. Und dann gibt es noch so ein paar allgemeinere Sachen, die fast in jedem Vertrag drin stehen, zum Beispiel die berühmte Salvatorische Klausel und solche Dinge.

Dr. Marlies Klamt: Okay, ich nehme daraus mit, dass ich auf jeden Fall den Verlagsvertrag gut durchlesen sollte – ich meine, sechs bis acht Seiten, wenn man wissenschaftliche Texte gewöhnt ist, ist jetzt auch nicht so lange-, dass ich ein besonderes Augenmerk darauf haben sollte, was da an Nutzungsrechten drinsteht und dass es durchaus auch in Ordnung ist, um Anpassungen zu bitten, wenn ich bestimmte Dinge ausgeschlossen haben möchte.

Barbara Budrich: Ganz genau. Das ja. Eine Sache noch. Solltest du versäumt haben, die Sache mit der chinesischen Übersetzung dem Verlag aufs Auge zu drücken. Oder der hat gesagt, nee, nee, wir haben selber hier einen guten Kontakt zu einem chinesischen Verlag, wir machen das schon. Und innerhalb einer bestimmten Frist, ich bin jetzt nicht ganz sicher, das könnt ihr aber im Internet nachgucken, das sind zwei Jahre oder so.

Innerhalb einer bestimmten Frist muss der Verlag von diesem Recht Gebrauch gemacht haben, sonst hast du das Recht, dieses Recht, dieses Nutzungsrecht wieder vom Verlag zurückzufordern.

Sag also, deine chinesische Freundin kommt nach zwei Jahren auf dich zu, der Verlag hatte dir versprochen, für eine chinesische Übersetzung zu sorgen, da ist nichts passiert. Dann kannst du mit deiner chinesischen Freundin sprechen und dann mit dem Verlag sprechen und sagen, pass auf, ich habe hier jetzt doch eine Möglichkeit, ihr habt nichts gemacht, gebt mir mal die chinesischen Übersetzungsrechte. Das ist urheberrechtlich so abgedeckt. Das könnt ihr dann machen.

Dr. Marlies Klamt: Muss man aber aktiv angehen.

Barbara Budrich: Das muss man aktiv angehen. Noch ein kleiner Hinweis.

Ich habe bei Kollegen-Verlagen schon mal in Verträgen zufällig entdeckt, dass da stand: Du darfst zu diesem Thema in keinem anderen Verlag außer uns veröffentlichen. Solche Klauseln könnt ihr getrost ignorieren beziehungsweise rausstreichen lassen. Das ist so nicht zulässig.

Weil das würde ja quasi bedeuten, dass das geistige Eigentum, was in dieser Arbeit steckt, an den Verlag übertragen wird. Und dafür sind Verlagsverträge nicht da.

Was passiert während der Zusammenarbeit mit dem Verlag?

Dr. Marlies Klamt: Habe ich auch noch nicht davon gehört, aber hört sich auf jeden Fall schon auf den ersten Blick nicht besonders zulässig an. Und gut, dass du noch mal darauf hingewiesen hast, dass das dann tatsächlich nichtig ist und ich das ignorieren kann. Nehmen wir jetzt mal an, der Verlagsvertrag ist unterschrieben, Wir haben uns auf alle Übersetzungen geeinigt. Was passiert dann genau während der Zusammenarbeit?

Barbara Budrich: Bei einer Dissertation ist es häufig der Fall, dass du als Autor oder Autorin eine fertige Druckvorlage einreichen darfst beim Verlag. Das heißt, der Verlag versorgt dich mit allen Unterlagen, die du brauchst, um deine Diss in ein ordentliches Format zu gießen, damit von dieser PDF-Vorlage, die du dann einreichst, ein E-Book produziert werden kann und ein Printbuch produziert werden kann. Vorher, nicht bei allen Verlagen, aber bei vielen Verlagen, also bei uns im Haus wird es so gemacht, dass wir das Manuskript, wenn es fertig ist und du es eingereicht hast, noch mal eine klitzekleine Überarbeitung erfährt, beziehungsweise es bekommt noch mal ein Gutachten.

Da musst du bitte aufpassen. Die Promotionsordnungen sind sehr unterschiedlich.

Es gibt Promotionsordnungen, die zulassen, dass du deine Diss quasi komplett überarbeitet veröffentlichst und es gibt andere Promotionsordnungen, wo du mit dem Prüfungsamt schon Stress kriegst, wenn du eine Titeländerung angehst, also wenn du den Haupttitel deiner Arbeit verändern möchtest, da werden die zum Teil schon ein bisschen unruhig.

Das heißt, da musst du wirklich bitte frühzeitig abklären mit deinem Prüfungsamt und auch deinen Betreuer*innen, was so alles rechtens ist. Für gewöhnlich steht ja im Gutachten zu deiner Diss drin, falls da noch Überarbeitungswünsche von deinen Profs kommen. Die gilt es natürlich zu berücksichtigen. Und vom Verlag kommt, wenn ich jetzt von unseren Gutachten ausgehe, aber nur eine Bitte um Überarbeitung in Richtung, ich sag mal, schönere Lesbarkeit des Ganzen. Da wird hingewiesen auf zum Beispiel Übergänge oder auch darauf, dass man vielleicht einzelne Passagen kürzen kann. Da wird auch noch mal geprüft, ob technisch und rechtlich die Materialien soweit in Ordnung scheinen. Wie gesagt, wenn wir falsche Angaben bekommen, fällt es uns auch schwer. Und du bekommst noch mal ein paar Tipps und Tricks für die korrekte Formatierung dann auch schon in diesem Gutachten mit.

Nebendran laufen noch andere Dinge. Und zwar, während also die Produktion vorbereitet wird, wird vom Verlag eine Titelei erstellt. Das sind die Seiten 1 bis 4. Die folgen einem ganz bestimmten Muster und da müssen auch rechtliche Vorgaben berücksichtigt werden. Zum Beispiel muss mittlerweile angegeben werden, in welchem Land gedruckt wird. Jetzt kommen noch Angaben zur Deforestation Regulation, zur Entwaldungsverordnung dazu. Das Impressum muss vollständig sein und, und, und. Deswegen machen wir das. Und da musst du bitte darauf achten, braucht deine Diss einen spezifischen Eintrag, weil manchmal muss auf die Seite 4, das ist Teil der Titelei, noch ein Hinweis: zugleich, Dissertation, Uni hast du nicht gesehen, im Jahre hast du nicht gewusst. So was passiert dann auch noch.

Und was wir auch machen, ist, wir bereiten den Umschlag vor. Dafür haben wir den Titel mit dir diskutiert, dann stimmen wir den Umschlag mit dir ab und dann haben wir die Technik soweit vorbereitet. Separat läuft nebenbei noch eine kleine Vorbereitung für Marketing und Vertrieb. Wir brauchen einen Text, um das Buch anzukündigen. Das klingt wie ein ganz normales Wort, ist aber ein Fachbegriff aus der Branche. Das heißt, es wird für die Branche angezeigt, hallo, dieses Buch kommt jetzt oder auch ist gerade erschienen. Und dann wird eben vorbereitet, dass die sogenannten Metadaten, also alles, was zusätzlich an freien Dingen noch gebraucht wird, Schlagwörter, die ganzen Umfangsangaben, ISBN, EISBN, DOI und was da alles zugehört, dass diese Dinge alle in die richtigen Verteiler, in die richtigen Datenbanken kommen. Das sind alles Vorbereitungen zur Veröffentlichung, die dann auch nebenbei laufen. Und wir informieren natürlich auch die gesamte Branche inklusive der Fachmedien.

Dr. Marlies Klamt: Das sind jetzt doch einige Punkte gewesen und manche davon hören sich auch ziemlich zeitaufwändig an. Wie lange dauert es denn normalerweise vom Zeitpunkt des Abschließens des Verlagsvertrags bis zu dem Zeitpunkt, zu dem ich dann tatsächlich die Belegexemplare nach Hause geschickt bekomme.

Barbara Budrich: Wenn die Diss fertig ist und du nicht noch im Prozess bist und wir den Verlagsvertrag schließen, dann sagen wir, dauert es in der Regel drei bis maximal sechs Monate, bis das erscheinen kann.

Du möchtest wissen, welche Förderungsmöglichkeiten es gibt für die Publikation deiner Dissertation? Im zweiten Teil des Interviews spreche ich mich Barbara Budrich über Druckkostenzuschüsse, Fördermöglichkeiten und außerdem über Selbstplagiate und wann der richtige Zeitpunkt ist, einen Verlag zu kontaktieren.

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Jahrelang habe ich selbst nach einem Weg gesucht, glücklich und zufrieden zu promovieren. Ich musste meine eigene Dissertation sogar 2x schreiben, bis ich ihn gefunden habe. Im zweiten Anlauf war ich nicht nur nach 9 Monaten fertig, sondern hatte die beste Work-Life-Diss-Balance meiner gesamten Promotionszeit.

Heute unterstütze ich Doktorandinnen wie dich durch Coachings, Kurse und meinen Podcast "Glücklich promovieren". Ich glaube fest daran, dass alle Superkräfte, die du für eine glückliche Promotion brauchst, bereits in dir schlummern. Lass sie uns gemeinsam wecken!

Dr. Marlies Klamt